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ZitatAlles anzeigenHarte Tarifrunde zwischen Lufthansa und Cockpit
Weichenstellung mit neuer VerhandlungsführungFRANKFURT/M. - In den laufenden Tarifgesprächen zwischen der Deutschen Lufthansa und der Pilotenvereinigung Cockpit sehen Beobachter die schwierigsten Verhandlungsrunden seit Jahren. Im Kern der Verhandlungen steht nicht ausschließlich die Cockpit-Forderung nach 6,4 Prozent mehr Gehalt für ein Jahr oder 9,6 Prozent für 18 Monate. Den Flugzeugführern geht auch darum, ihren konzernpolitischen Einfluss zu erhalten.
Lufthansa ist zu einem der weltweit führenden Luftfahrtkonzerne aufgestiegen. Analysten wählten das Unternehmen in einem internationalen Leistungsvergleich unlängst auf Rank zwei der führenden Fluggesellschaften - hinter Singapore Airlines aber weit vor die europäischen Wettbewerber.
Die Unternehmensleitung baute Lufthansa in den vergangenen Jahren systematisch zu einem integrierten Airlinekonzern aus. Allein im Juni konsolidierte Lufthansa mit Übernahme der Anteilsmehrheit bei bmi und von 45 Prozent der Aktien an Brussels Airlines zwei neue Fluggesellschaften unter ihrem Dach.
Lufthansa drängt zudem auf eine Lockerung der Schranken für Beteiligungen auf dem US Airlinemarkt und sieht in der Aufstockung ihres Anteils an der LowCost-Gesellschaft JetBlue von gegenwärtig 19 Prozent eine langfristige Perspektive.
Die bestehenden Beteiligungen und die anstehende Eingliederung von Austrian Airlines erhöhen den Einfluss der Lufthansa in Europa und erweitern die internationalen Netzwerke des Konzerns. Die Strategie der Konzernleitung ist demgegenüber allerdings nicht auf Zukäufe eingegrenzt.
Während Wettbewerber Air France-KLM nach dem Zusammenbruch der Alitalia nach langen Verhandlungen eine Minderheitsbeteiligung an der Folgegesellschaft einging, trat Lufthansa mit Gründung der Lufthansa Italia offensiver in den Wettbewerb um neu zu vergebende Marktanteile auf italienischen Luftverkehrsmarkt ein.
Im Frachtgeschäft setzt Lufthansa auf Gemeinschaftsunternehmen. Jade Cargo öffnete dem Konzern Opportunitäten im wichtigen China-Verkehr. Erst im Juni nahm das mit DHL geführte Joint Venture Aerologic inmitten der Frachtkrise den Flugbetrieb auf. Bis Ende 2010 soll Aerologic über eine Flotte bestehend aus acht neuen Vollfrachtern des Typs Boeing 777F verfügen.
Auch abseits von Beteiligungen, Übernahmen und Gemeinschaftsunternehmen sichert Lufthansa ihre strategischen Interessen. Unter Federführung des Kranichs richtet sich das Luftfahrtbündnis Star Alliance gegenwärtig auf eine erhebliche Steigerung der Zahl der ihr angeschlossenen Mitglieder auf bis zu 50 Airlines aus.
Neue Verhandlungsführer auf beiden Seiten
Die Mitsprache der Lufthansa-Flugzeugführer in all diesen Entscheidungen war verschwindend gering. Geschwächt wurde ihre Position zuletzt zudem durch eine über Monate geführte interne Auseinandersetzung bei Cockpit über die richtige Verhandlungsstrategie gegenüber dem Konzern.
Umso größer ist jetzt die Erwartungshaltung der Piloten an den erst Ende April in einer Kampfabstimmung ins Amt gewählten Cockpit-Präsidenten Winfried Streicher. Streicher gilt als Vertreter einer härteren Gangart gegenüber der Lufthansa-Unternehmensführung als sein Vorgänger Tim Würfel.
Streicher gehört dem Lager um den ehemaligen VC-Präsidenten Thomas von Sturm an. Unter von Sturms Amtszeit erlebte Lufthansa im Jahr 2001 eine der härtesten Tarifauseinandersetzungen im Unternehmen.
Doch auch Lufthansa geht mit neuer Besetzung in die Verhandlungen. Der von Swiss gekommene neue Passage-Vorstand und als Mayrhuber-Nachfolger gehandelte Christoph Franz will über Kostensenkungen die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns stärken.
Franz stellt Weichen für mögliche Amtszeit als Vorstandschef
Im Zuge des Maßnahmenprogramms "CLIMB 2011" soll die Kostenbasis im Passagiergeschäft bis Ende des Jahres 2011 um eine Milliarde Euro reduziert werden. Die Verwaltung der Passagiersparte soll mittelfristig mit 20 Prozent weniger Stellen auskommen, kündigte Franz im Juli an. Auch dem Kabinenpersonal drohen Einschnitte.
Zugeständnisse an die Piloten in Fragen der Mitbestimmungen gelten unter Franz daher als unwahrscheinlich. Vielmehr wird Franz versuchen, in der Tarifrunde gemeinsam mit dem Leiter des neuen Ressorts "Finanzen und Personal" Roland Busch die Weichen für seine mögliche Zeit an der Spitze des Konzerns zu stellen.
© aero.de / 18.08.2009Quelle: aero.de