Geplante Kooperation Air Berlin/TUIfly stößt auf Widerstand

  • Geplante Kooperation Air Berlin/TUIfly stößt auf Widerstand



    Die geplante Kooperation von Air Berlin mit TUIfly stößt auf Widerstand des Großkunden Alltours. Der viertgrößte deutsche Reiseveranstalter sieht Air Berlin nicht mehr als unabhängige Fluggesellschaft, sollte es zu der geplanten Überkreuzbeteiligung kommen und sich TUI mit bis zu 20 Prozent an dem Unternehmen beteiligen. "Wir können uns nicht vorstellen, unser Hauptvolumen über eine Airline zu fliegen, die von einem Mitbewerber kontrolliert wird", sagte ein Alltours-Sprecher am Mittwoch.



    Konkrete Schritte wie etwa eine Rücknahme bereits gebuchter Kontingente bei Air Berlin seien jedoch zunächst nicht geplant. Alltours wolle abwarten, ob es tatsächlich zu dem geplanten Einstieg komme. Der Duisburger Reiseveranstalter ist neben der Kölner Rewegruppe (Dertour, Meier's Weltreisen) einer der größten Air-Berlin-Kunden. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft fliegt neben dem Linienverkehr hautsächlich in Mittelmeerländer, in die Karibik und nach Südostasien.



    Der Reiseveranstalter Rewe sieht durch die geplante Verbindung zunächst keine Auswirkungen auf das klassische Urlaubsgeschäft. Air Berlin will künftig die Städteverbindungen von TUIfly übernehmen und dafür Maschinen und Personal der TUI-Tochter mieten. Das Chartergeschäft soll weiter bei TUIfly bleiben.



    Alltours hatte bereits einmal für Furore in der Branche gesorgt, als Firmenchef Willi Verhuven nach der Fusion des TUI-Ferienfliegers Hapag-Lloyd und dem Billigflieger HLX zu TUIfly sämtliche Kontingente bei der Fluggesellschaft gekündigt hatte. Grund dafür war der neue Name TUIfly, in dem Verhuven einen zu großen Werbeeffekt für den Wettbewerber TUI sah. Bei der geplanten Kooperaton mit Air Berlin sollen die TUIfly-Maschinen unter dem Logo der Berliner Fluggesellschaft fliegen.



    Quelle: Reuters



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    Air-Berlin-Chef Hunold hält sich Feinde vom Hals



    Mit Zukäufen hat sich Air-Berlin-Chef Hunold zum Lufthansa-Konkurrenten aufgeschwungen. Die Liaison mit Tuifly hält ihm nun unliebsame Käufer vom Hals. Ein Kommentar von WirtschaftsWoche-Redakteur Christian Schlesiger.



    Air Berlin-Chef Joachim Hunold ist immer für Überraschungen gut. Zunächst kaufte er die Billig-Airline dba, dann den Langstreckenflieger LTU, er griff die Lufthansa frontal an und reagierte als einer der ersten auf den sich abzeichnenden Konjunkturabschwung, indem er Kapazitäten frühzeitig aus dem Markt nahm. Die Geschäftszahlen bei Air Berlin lagen daher in den vergangenen Monaten meist besser als Experten erwartet haben.



    Die Liaison mit Tuifly ist sein nächster Coup ­– und einer von strategischer Bedeutung. Hunold hält sich so unliebsame Käufer vom Hals. Nachdem der niedrige Aktienkurs die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zu einem Schnäppchen degradiert hat, der russische Investor Len Blavatnik sein 20-Prozent-Paket feilbietet und die Wirtschaftskrise die finanzielle Stabilität des Unternehmens aushöhlt, schien der Einstieg einer anderen Fluggesellschaft nur eine Frage der Zeit. So fiel in der Branche etwa immer wieder der Name Etihad Airways als potenzieller Käufer. Hunold hat das nie wirklich gewollt.



    Das Schreckensszenario einer feindlichen Übernahme ist durch den Deal mit Tui vorerst vom Tisch. Doch die vorübergehende Sicherheit, weiter als unabhängige Airline operieren zu können, hat einen hohen Preis: Branchenexperten gehen schon lange davon aus, dass Tuifly rote Zahlen schreibt. Air Berlin-Chef Hunold verbündet sich also mit einem kranken statt einem starken Partner. Hinzu kommt: Solange die Wirtschaftskrise anhält und auch die Zahl der Pauschaltouristen sinkt, dürfte Tuifly kaum aus der Problemzone fliegen. Ohnehin leiden beide Fluggesellschaften unter der Zurückhaltung bei den Business-Reisenden. Die Wirtschaftskrise muss also schnell vorüber gehen, damit sich die Partnerschaft rechnet.



    Einen signifikanten Vorteil hat die Überkreuzbeteiligung dann aber auch in der Krise: Wenn Air Berlin die Städteverbindungen von Tuifly übernimmt und im Gegenzug das Pauschalgeschäft mehr der Tui überlasst, haben beide Unternehmen einen direkten Wettbewerber weniger. Das könnte sich als wichtiger Baustein in der Krise entpuppen, um auf bestimmten Strecken mit gesunden Preisen und höherer Auslastung unterwegs zu sein. Hunold hätte damit wieder ein überraschend gutes Händchen bewiesen – mal wieder.



    Quelle: Wirtschaftswoche



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    Hunolds Wette



    Durch die geplante Überkreuzbeteiligung mit TUIfly bekommt Air Berlin zwar wieder einen stabilen Großaktionär. Doch der Deal funktioniert nur unter einer Bedingung: Dass die Wirtschaftskrise schnell vorbeizieht.



    Einen Vorteil hat das Bündnis mit dem Wettbewerber TUIfly für Air-Berlin-Chef Joachim Hunold in jedem Fall: Mit der geplanten Überkreuzbeteiligung rüstet sich Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft gegen eine feindliche Übernahme. Hunold, der sich stets in der Rolle des Angreifers inszeniert hat, bleibt damit eine unangenehme Niederlage erspart. Zuletzt war sein Unternehmen auf den Rang eines Übernahmekandidaten abgestürzt.



    In Gestalt der TUI-Tochter TUI Travel bekommt Air Berlin jetzt einen stabilen Großaktionär. Solange der neue 20-Prozent-Eigentümer mit Hunold verbündet ist, wird sich kaum ein Angreifer an die Fluggesellschaft heranwagen. TUIfly eignet sich somit als Giftpille für Air Berlin.



    Zudem nutzt Hunold seine letzte Expansionschance auf dem Heimatmarkt. Er sichert sich damit den Zugriff auf attraktive Städteverbindungen eines Wettbewerbers, der Air Berlin auf diesem Gebiet mit aggressiven Preisen Konkurrenz machte.



    Trotz allem aber birgt der Deal Risiken. Funktionieren kann die Kooperation zweier angeschlagener Airlines nur unter einer Bedingung: Die Wirtschaftskrise muss rasch vorübergehen.



    Sowohl Air Berlin als auch der neue Partner TUIfly, der Branchenschätzungen zufolge seit Langem rote Zahlen schreibt, sind von der Rezession schwer erwischt worden. Die Buchungen bei Geschäftsreisen sind zuletzt deutlich zurückgegangen, und auch die Nachfrage nach Urlaubsflügen sinkt spürbar. In einem solchen Umfeld ist die einzige betriebswirtschaftlich sinnvolle Reaktion, Kapazitäten aus dem Markt zu nehmen. Das bedeutet, Strecken zu streichen und Flugzeuge stillzulegen - was Air Berlin bereits getan hat. Zudem denkt die Airline ebenso über Kurzarbeit nach wie der TUIfly-Mutterkonzern TUI.



    Die Vereinbarung, wonach Air Berlin Maschinen und Besatzungen von TUIfly mietet, läuft aber gerade nicht darauf hinaus, dass Kapazitäten reduziert werden. Auch kann der größte Lufthansa-Rivale aus diesem Geschäft nur äußerst überschaubare Synergieeffekte erwarten.



    Für Air-Berlin-Chef Hunold, der mit TUIfly nach der Übernahme von LTU und DBA nun die dritte Integration umsetzen muss, ist das Geschäft eine Wette. Erreichen die Passagierzahlen bald wieder die Größenordnung aus der Zeit vor der Rezession, dann kann diese Wette aufgehen. Wenn nicht, werden die Turbulenzen heftiger.



    Quelle: FTD



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