Bei Hansens brennt der Baum

  • WIRTSCHAFT

    AUFSTOCKUNG DES AKTIENPAKETS


    Neuer größter Lufthansa-Eigentümer – das ist der Plan des Klaus-Michael Kühne

    Stand: 07.07.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

    Gerhard Hegmann

    Von Gerhard Hegmann

    Wirtschaftsredakteur


    Der Unternehmer Klaus-Michael Kühne

    Quelle: pa/dpa/Axel Heimken


    Milliardär und Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne erhöht seinen Anteil an der Lufthansa auf 15,01 Prozent und überholt damit den Bund. Sein Interesse gilt allerdings nicht den Urlaubern oder Geschäftsleuten.


    Viele Lufthansa-Aktionäre verkaufen ihre Anteile, weil im Sommer Tausende Flüge gestrichen werden und die Ticketeinnahmen fehlen. Die Airline-Aktie verlor binnen sechs Monaten gut 20 Prozent ihres Wertes.


    Der Hamburger Logistik-Unternehmer und Milliardär Klaus Michael Kühne nutzte hingegen den Kursverfall.


    Er hat mitten in der Krise im Luftverkehr mit chaotischen Szenen an den Flughäfen Vertrauen in die Airline und stockte sein Aktienpaket von zuletzt knapp über zehn Prozent auf jetzt 15,01 Prozent weiter auf.


    Kühne wird damit zum größten Lufthansa-Aktionär.


    Wie aus einer am Mittwochabend veröffentlichten Börsenpflichtmitteilung hervorgeht, werden die Aktien von der relativ neuen Kühne Aviation GmbH gehalten.


    Der 85-jährige Unternehmer kaufte seinen stattlichen Lufthansa-Anteil binnen weniger Monate zusammen. Im März gab es die erste Meldung über vier Prozent Beteiligung, im April waren es schon zehn Prozent und jetzt überholt Kühne knapp die Bundesrepublik als zuletzt größter Einzelaktionär.


    Der Bund war 2020 in der Corona-Branchenkrise mit Milliardenhilfen und einer Beteiligung von zunächst 20 Prozent bei der Airline eingestiegen, um eine Insolvenz zu verhindern.


    Aktuell hält der Bund noch gut 14 Prozent. Aber die Lufthansa will künftig ohne Staatsbeteiligung auskommen.


    Der Unternehmer Kühne dürfte nicht an den Urlaubern oder Geschäftsleuten interessiert sein, die mit Lufthansa oder Eurowings fliegen, obwohl bei Passagierflügen neben Koffern meist auch Fracht transportiert wird.


    Branchenkenner gehen davon aus, dass für Kühne das sehr lukrative Geschäft von Lufthansa Cargo im Fokus steht, das ständig neue Rekordergebnisse präsentiert und sich zur Gelddruckmaschine für die Airline entwickelt hat.


    Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2022 stieg der Umsatz in der Logistiksparte um 46 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro und das operative Ergebnis um 52 Prozent auf 481 Millionen Euro Überschuss, während im Geschäftsfeld Passagier-Airlines eine Milliarde Euro operativer Verlust auflief.


    Kühne setzt offensichtlich auf den Wandel bei Transporten über große Entfernungen.


    Luftfracht wird bei gestörten internationalen Lieferketten per Schiff für immer mehr Unternehmen zur Alternative, auch wenn sie erheblich teurer ist.


    Kühne ist unter anderem mit 30 Prozent an der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd beteiligt, und es gibt einen Branchentrend, dass große Reedereien in Luftfracht investieren.


    So ist beispielsweise die französische CMA CGM, immerhin weltweit die Nummer drei der Reedereien, beim Lufthansa-Konkurrenten Air France-KLM eingestiegen.


    Reederei-Marktführer Maersk hat im April eine eigene Frachtflugzeugtochter gegründet.


    Kühne hat bereits deutlich gemacht, dass seine Lufthansa-Beteiligung eine strategische Investition ist, also keine Kursspekulation.


    Er möchte gerne im Aufsichtsrat mitreden und kontrollieren, wohl über seinen vertrauten Hapag-Lloyd-Vize-Chairman Karl Gernandt, der auch Geschäftsführer von Kühne Aviation ist.


    „Wir wollen ernst genommen werden“, erklärte der 61-jährige Gernandt im April in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Kühne wolle mit der Lufthansa-Spitze, also vor allem mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr, in einen „strategischen Dialog“ eintreten.


    Das ist häufig eine diplomatische Umschreibung für deutliche Forderungen eines Großaktionärs.


    Ähnliches hat der aktuell wegen seines Krisen-Managements in der Kritik stehende Lufthansa-Chef Spohr bereits 2020 erlebt. Vor zwei Jahren war der Münchner Knorr-Bremse-Unternehmer und Milliardär Heinz Hermann Thiele bei der Lufthansa eingestiegen und hatte seine Beteiligung wie jetzt Kühne ebenfalls auf rund 15 Prozent ausgebaut.


    Thiele kritisierte zunächst die Beteiligung des Staates an der Airline-Rettung.


    Im Februar 2021 verstarb Thiele überraschend im Alter von 79 Jahren und seine Erben verkauften dann Anteile.


    Beim Großaktionär Kühne wird in der Branche über eine mögliche Abtrennung von Lufthansa Cargo aus dem Konzern spekuliert.


    Kühne als Unternehmer und Mäzen des Fußballvereins HSV gilt nicht als stiller Investor.


    Er wird Druck machen, heißt es. Allerdings räumte Kühne-Manager Gernandt jüngst in einem Gespräch mit dem „Handelsblatt“ ein, dass die enormen Veränderungen durch die Pandemie niemand vorhersehen konnte.


    Als langfristiger Investor stehe Kühne der Lufthansa partnerschaftlich zur Seite, so der Manager.


    Mit den drei Divisionen Technik, Cargo und Passage sei der Konzern gut balanciert tätig.


    Finanziell kann Kühne sein Lufthansa-Engagement jedenfalls leicht bezahlen. Der börsennotierte Transport- und Logistikkonzern Hapag-Lloyd hat seine in diesem Jahr ausgeschüttete Dividende für 2021 von 3,50 Euro auf 35,00 Euro verzehnfacht, weil die Geschäfte so gut laufen.


    Von der Ausschüttung profitiert Kühne.


    Der Logistikriese wird an der Börse aktuell mit gut 44 Milliarden Euro bewertet – die gesamte Lufthansa mit 6,7 Milliarden Euro.


    Der 15-Prozent-Anteil von Kühne an der Airline ist damit rund eine Milliarde Euro wert.

    • Offizieller Beitrag

    Die Fluggesellschaften haben im großen Stil Leute entlassen müssen

    Nein, haben sie nicht! Sie haben es getan um die Gewinne oben zu halten und die Shareholder zu befriedigen. Wie wäre es denn gewesen wenn man den Gewinn mal bis auf Null gefahren hätte und dafür das Unternehmen erhalten hätte?


    Aber das geht ja gar nicht...


    Konnte ja auch keine Sau ahnen, dass man nach Aufhebung aller Beschränkungen wieder fliegen will....

    Genau so ist das nämlich.

  • Bin etwas spät zur Party aber verkneifen konnte ich mir das jetzt nicht. Immerhin habe ich es nicht nur täglich live erlebt sondern jetzt auch mal als Passagier mitgemacht.


    Ist hochinteressant zu lesen, wie die derzeitige Problematik doch auf LH und Carsten polarisiert wird, wo es sich doch durch die komplette Branche zieht….


    Nein, es geht hier ja explizit um die LH und den Brandbrief der Belegschaft.

    Ich muss Andre da leider zustimmen. Denn der Kollaps hat sich lange abgezeichnet und der Brandbrief steht m.M. nach schon in Zusammenhang mit Problemen der Branche. Funktioniert hat auch schon vor Corona nichts wirklich. Es wurde nur - und das kommt in vielen anderen Artikeln noch deutlicher zum Vorschein - geschickt von erfahrenen Mitarbeitern kaschiert. Sein es jetzt eben Mitarbeiter des LH Konzerns oder der Dienstleistungspartner, wie Fraport oder - noch extremer - LH-eigene Dienstleister. Wenn ich die dann gehen lasse oder Nachwuchs nicht verlängere, joa, dann passiert genau das. Und das haben viele schon im März 2020 prophezeit.


    Heißt aber im Klartext: Viele der LH-Probleme entstehen eben nicht nur, weil LH sich mit ihrem Personal verzockt hat, sondern weil die Dienstleister ebenso kein Personal haben. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass das Gros der LH-Probleme durch externe Dienstleister entstanden ist. Die täglichen 7500 - 10000 nicht beförderten Koffer in FRA sprechen ein ziemlich eindeutiges Bild.


    Ich bin gespannt, ob sich die Luftfahrt nachhaltig zu einem attarktiven Arbeitgeber entwickeln kann. Die kurzfristige Hinzunahme ausländischer Hilfe finde ich persönlich auch ein fatales Signal der Politik. Denn es übt nicht den notwendigen Druck auf die Geschäftsführungen aus, nachhaltigere Arbeitsmodelle und -vergütungen auszuarbeiten. Und somit wird nächstes Jahr genau das Gleiche passieren. Und das Jahr darauf. Und das Jahr darauf. Und so weiter.


    Fliegen ist - und wird auf lange sicht auch so bleiben - ein äußerst komplexes und somit teures Unterfangen, welches eine Vielzahl qualifizierter Arbeitskräfte benötigt. Das heißt aber auch, und so sehr das meinem inneren Sinn für Gerechtigkeit widersprechen mag, dass eben nicht jeder zwei Mal im Jahr fliegen kann. Oder wir einigen uns als Gesellschaft kollektiv darauf, dass dieser Zustand bleibt und quer-subventionieren die billigen Tickets durch teure - erhalten aber alle den gleichen schlechten Service. Möchte mal sehen, wie lange das gut geht.