ETOPS mal kontrovers...

  • Ich bin gerade am Lesen der PTM-Dokumente und bin dabei mal wiedr auf das leidige ETOPS-Thema gestoßen. Und zwar die Tatsache, das die ETOPS-Zeiten immer mehr verlängert werden, dies aber nicht wirklich der Sicherheit der Paxe zuträglich ist, da scheinbar immer Änderungen (sprich: Verlängerungen) der OneEngine Zeiten genehmigt werden, wenn dies wirtschaftlich geboten erscheint. Ich habe den Eindruck, das nicht wirklich nach dem Regime der Sicherheit (die ja in der Fliegerei sonst immer doppelt und dreifach vorhanden sein muß!), sondern desMammon passiert. Dazu ein Auszug aus Wikipedia, der es meiner Meinung nach auf den Punkt bringt:
    Link: http://de.wikipedia.org/wiki/E…ion_Performance_Standards


    und der Auszug: "...Bis auf die oben erwähnten, besonders großen Maschinen werden wahrscheinlich bald alle neuen Typen von Langstreckenflugzeugen zweistrahlig sein. Somit müssen in naher Zukunft auch die letzten Strecken für zweistrahlige Flugzeuge freigegeben werden, da es für kleinere Fluggesellschaften auf den Südseeinseln (die zurzeit z. B. den Airbus A340 einsetzen, der höchstwahrscheinlich nach der Indienststellung des zweistrahligen Airbus A350 nicht mehr lange produziert werden wird) als unzumutbar angesehen werden muss, dass sie für ihre Zwecke überdimensionierte Maschinen wie die A380 besitzen müssen. Ebenso kann von großen Fluggesellschaften auf dem Festland, die über derartige Muster verfügen, nicht erwartet werden, dass sie diese auf schwach frequentierten Routen einsetzen, da deren Kapazitäten in diesem Fall nicht ausgelastet wären. ...."


    Da wir ja hier einige direkt Betroffene Dispatcher haben, wollte ich mal Eure Meinung dazu hören. Denn bisher weigere ich mich, auf dem Atlantik in einen Twin zu steigen. Oder ist das einfach nur eine Paranoia von mir? :gruebel:

    „Es ist gut, dass die Menschen das Bank- und Geldsystem nicht verstehen, sonst hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.“
    ... Henry Ford

  • Ich denke der Atlantik, zumindest der Teil zwischen Nordamerika und Europa, ist dabei weniger kritisch. Viel fataler wäre ein Triebwerksausfall bei einem Twinjet auf dem Pazifik. Da handelt es sich teilweise um weit größere Entfernungen.
    Ich denke, dass die jeweiligen Flugzeugbauer wie auch Versicherungen, Hersteller von Achterbahnen etc. "zocken". Sie spielen mit der mathematischen Wahrscheinlichkeit, dass etwas mathematisch ziemlich Unwahrscheinliches doch eintritt. Dennoch glaube (hoffe) ich auch, dass diese so gering ist, dass sie uns egal sein kann.


    Sicherlich würden sich auch die Airlines "besser" fühlen, wenn sie mit mehr als zwei Triebwerken über den Pazifik fliegen, aber nicht desto trotz darf man eben auch nicht die Wirtschaftlichkeit außer Acht lassen, sonst gibt es diese Verbindungen einfach gar nicht mehr. In der Tat ist es ja so, dass die Triebwerke immer sicherer werden. Die Systeme innerhalb eines Triebwerkes sind ja auch redundant. AFAIK gelten ja z.B. für die 777, die ja im Moment das Non plus ultra im Longhaul-Einsatz von Twinjets ist, z.B. auch andere, weniger strenge Richtlinien als für eine 767 oder 757 oder einen A330. Das hat alles seinen Grund. Mach dich da mal nicht verrückt.


    Und jetzt kommt noch die Standardfloskel: Die Wahrscheinlichkeit bei der Autofahrt zur Arbeit umzukommen ist 20 mal größer als die eines Todes in Folge eines Flugzeugabsturzes. Beruhigt? :)

  • Aaaaaaaaalso :rofl: :


    So eine ETOPS-Genehmigung für sagen wir mal, 180 Minuten, bekommt man ja nicht so einfach geschenkt. Dazu muss erstmal nachgewiesen sein, dass das Flugzeugmuster und der Triebwerkstyp soundsoviele Stunden/NM fehlerfrei und ohne Beanstandungen absolviert haben. Dann muss das betreffende Luftfahrtunternehmen nachweisen, dass seine Crews daraufhin geschult sind und auch wiederum soundso viele Blockstunden unter ETOPS-Bedingunen auf dem Buckel haben.
    Erst wenn diese rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind, darf eine Airline überhaupt erst mit ETOPS anfangen. Allerdings nicht gleich mit 180 Minuten, sondern erst mit 90. Nach einer gewissen Frist (du ahnst es, auch wieder soundso viele Stunden "ohne Zwischenfälle") wird die ETOPS-Genehmigung dann auf 120 Minuten und schlussendlich dann auf 180 Minuten ausgeweitet. Du siehst, es bedarf schon eines gewissen Aufwandes und einiger Checks, um das überhaupt machen zu dürfen.
    Planerisch gelten antürlich auch Minima, die dann von so irren Typen wie Sven, Toto oder mir berücksichtigt werden müssen, damit so ein Flug dann überhaupt stattfinden kann. Das Flugzeug muss es ja auch erstmal schaffen, 180 oder dann 240 Minuten mit ONE ENG OUT und Decompression zum Alternate zu kommen. Wenn ich mir überlege, dass wir schon bei bestimmten Wetterbedingunen auf den Westboundstrecken (und nur bei 180 Minuten) ordentlich ADDFUEL für diesen Fall mitnehmen dürfen, stellt sich mir die Frage, ob das dann sprittechnisch so ohne weiteres darstellbar ist.
    Das Wetter muss natürlich auch in den Limits sein. Und da es im Pazifik ja nicht sooo viele nutzbare Plätze gibt, sind die Auswahlmöglichkeiten da auch sehr gering. Soll heißen, wenn der einzig mögiche ETOPS-Alternate below ist, kannst du die Sache eh knicken.


    Ach ja, ähnliche Argumente wurden auch schon vor 40 bzw. 30 Jahren vorgebracht, als man von 4 auf 3 bzw. von 3 auf 2 Triebwerke verringerte ;) Und seien wir doch mal ehrlich. Mir ist kein Zwischenfall bekannt, wo ein Flugzeug ins Wasser gestürzt ist, weil ETOPS "zu unsicher" war (also weil man zu weit weg vom ALTN geplant war).


    By the way: Ich finde das Zitat von Wiki sehr polemisch :S

  • Danke erstmal für eure Antworten!
    Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind klar. Das es eine Statistikaufgabe ist, auch. Und ja: die Autofahrt zum Airport ist natürlich viel gefährlicher. Und ich hätte auch nicht wirklich Bedenken, in einem Twin über den Teich zu poltern! Also klar ist da auch viel Polemik in dem Thema. Und bevor es jemand mißversteht: das Ihr euch alle im erlaubten und verantwortbaren Rahmen bewegt und aus wirtschaftlicher Sicht auch nicht anders agieren könnt, ist mir auch völlig klar.


    Ich wollte eigentlich auf einen anderen Aspekt hinaus: Auf die Allianz der Hersteller (hier voran Boeing?) mit den Sichrheitsbehörden. Ich habe beim ETOPS-Thema immer den Eindruck, das die Zeitspannen (und zwar die generellen Musterabhängigen, nicht die Airlinespezifischen!) aufgrund politischen Drucks verlängert werden. Ein Beispiel: nach all den Pannen mit den 777-Engines in letzter Zeit hätte doch längst reagiert und zumindest temporär die ETOPS-Zeit verkürzt werden müssen?! Oder sehe ich Geister??? :whistling:

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    • Offizieller Beitrag

    Huibu….
    Erst mal möchte ich ergänzend zu Toms post sagen, das nicht nur die Crews, sondern auch die Technik und der gesamte Betrieb Etops geschult sein muss. So darf zum Beispiel ein Techniker, der Links das Oil gewechselt hat, dieses nicht auch noch rechts machen, da er einen möglichen Fehler wiederholen könne.


    Ich denke nicht, das es einfach der politische Druck ist, sondern viel mehr die erhöhte fertigungs-Garantie. So sind Filter viel feiner und Motoren viel zuverlässiger geworden. Ein Flug mit einem 2 Strahler ist von der Technik her gesehen und auch von den Zahlen der Triebwerksausfälle um einiges Sicherer als Flüge mit mehralszweiStrahlern.


    Das Problem mit der 777 und den vereisten Spritfiltern an den Rolce Royce Triebwerken ist mittlerweile bekannt und es gibt spezielle Prozeduren die das ganze verhindern. Die Flugzeit hatte mit der Sache aber nichts zu tun.


    Ich denke also das man in Zukunft mit 2 Motoren hin kommt.

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