Eilmeldung - Qantas legt gesamte Flugzeugflotte still

  • Ohne jetzt den speziellen Fall von Qantas verfolgt zu haben, könnte man auch dagegen argumentieren: wie überzogen müssen die Forderungen der Gewerkschaften sein, dass ein Unternehmen einen nicht unerheblichen finanziellen Verlust in Kauf nimmt anstatt den Forderungen der Gewerkschaften nachzugeben? Eine Aussperrung durch ein Unternehmen kommt aus diesem Grund sehr selten vor, ist aber ebenfalls ein legitimes Mittel in einem Arbeitskampf.


    Ich beziehe mich ja auch nicht direkt auf Qantas, kenne die Vorgänge dort nicht, bei Streiks geht es mir gerade um die Prinzipfrage. Die Aussperrung ist natürlich ein legitimes Mittel, dessen bin ich mir bewusst. Wenn ich mich aber nun mal an unseren letzten Tarifkonflikt erinnere, da grault es mir. Der Konzern gab von sich das sie wieder Millionengewinne eingefahren haben und nahmen dennoch die Streikkosten in Kauf und ziehen lieber vor Gerichte, und das obwohl das Streikrecht für jeden nachlesbar im Grundgesetz steht. Nun ja, vielleicht denke ich einfach nicht wie ein Arbeitgeber sondern denke zu sehr an die Menschen an der Basis, jene, die die Arbeit draußen machen.

  • Nichts weiter zu melden derzeit...man wartet immer noch auf die Kammer.....

    Grüße
    Simon
    Staatlich geprüfter Sterbensverzögerer


    "Z kommt relativ weit am Ende im Alphabet ......" - Goof 28.März 2020

    "Auch wenn Angela gesagt hat, wir sollen Menschenmassen vermeiden, habe ich mir gerade einen AUFLAUF gemacht"- Mats 28.März 2020

  • Ich bin ja auch nur der einfache Angestellte, allerdings sitze ich an einer Stelle wo ich zumindest einen gewissen Einblick habe was eine Tariferhöhung von x % auch bei der Firma ausmacht. Da machen sich die Menschen an der Basis manchmal zu wenig Gedanken:


    Nur mal ein kleines Bsp.
    Gemäß Abschluss bekommt der Angestellte 3 % mehr Lohn (der Mitarbeiter hat davon evtl. gerade mal 10 € mehr im Monat). Der Arbeitgeber muss aber mehr aufbringen da Steuern und soziale Abgaben bereits abgeführt sind. Dazu kommen nur die sozialen Abgaben die nur der Arbeitgeber bezahlt und dass erhöht sich jetzt noch um die Faktor X, nämlich die Zahl der Angestellten. Je nach Größe der Firma kann da leicht ein Betrag von 100.000 € pro Monat mehr zustande kommen. Und das Geld muss auch erst verdient werden um die Leute dann zu bezahlen.


    Natürlich gibt's auch Unternehmen die trotz Millionengewinnen nicht einen Cent herausrücken wollen, aber wenn ich mir die eine oder andere Forderung der Gewerkschaft anhöre könnte ich ebenfalls das Kotzen bekommen.

  • Update: Kammer wird in einigen Minuten zurückerwartet...

    Grüße
    Simon
    Staatlich geprüfter Sterbensverzögerer


    "Z kommt relativ weit am Ende im Alphabet ......" - Goof 28.März 2020

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  • Und das Urteil ist gesprochen.
    Der Arbeitskampf ist mit Wirkung 0900 Sydney auf unbestimmte Zeit einzustellen. Dies gibt den Parteien min. 3 Wochen Verhandlungszeit, eher sogar noch mehr, eine befristete Einstellung wäre nicht im Sinne für Tourismus und Luftfahrt. Es besteht darüber hinaus mit allen drei Gewerkschaften Aussicht auf Einigung.


    Dieses Urteil kann vor dem austr. Bundesgerichtshof angefochten werden, wobei sich das die Gewerkschaften gut überlegen werden.


    Alle Parteien haben nun 21 Tage Zeit ihre Verträge zu finalisieren, wobei sie 21 Tage verlängern können. Danach würde FWA sich wieder einschalten...


    Der Flugbetrieb wird so schnell es geht wieder aufgenommen.

    Grüße
    Simon
    Staatlich geprüfter Sterbensverzögerer


    "Z kommt relativ weit am Ende im Alphabet ......" - Goof 28.März 2020

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    Einmal editiert, zuletzt von Simon von der Insel ()

  • Das wäre es also für den Moment, Danke für eure aufmerksamkeit, das war sicherlich spannend....

    Grüße
    Simon
    Staatlich geprüfter Sterbensverzögerer


    "Z kommt relativ weit am Ende im Alphabet ......" - Goof 28.März 2020

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  • Ein bereits Monate anhaltender Arbeitskampf belastet die Fluggesellschaft Qantas. Am Ende könnte eine Übernahme der Fluggesellschaft stehen.


    Acht Minuten brauchte er für seine Verzweiflungstat. Acht Minuten, in denen Qantas-Chef Alan Joyce den Betrieb einer der größten, internationalen Airlines komplett stilllegte. Hintergrund ist ein monatelanger Arbeitskampf mit den Gewerkschaften. Nach deutschem Recht ist eine solche Aussperrung umstritten. Joyce hingegen schien sich darüber zu freuen: Binnen acht Minuten sei keine Maschine mehr abgehoben, verkündete er auf einer Pressekonferenz.


    Ein Chef greift durch – mit einer in der Luftfahrtgeschichte wohl einzigartigen Aktion. Bereits beladene und startbereite Flugzeuge kehrten an die Gangways zurück, rund 70.000 Qantas-Passagiere verstopften die Terminals in 22 Ländern. Bereits gestartete Flugzeuge durften ihre Reise fortsetzten. Die Regierung informierte Joyce nur drei Stunden vorab.


    Der materielle wie ideelle Schaden für Qantas ist immens, obwohl ein von der Regierung eilig bestellter Schlichter inzwischen alle Streikaktionen untersagt hat. Am Montag hoben die ersten Jets wieder ab – 44 Stunden waren sie am Boden geblieben. Einen hohen zwei-, wenn nicht dreistelligen Millionenbetrag habe die Aktion gekostet, heißt es. Genaue Zahlen gibt es nicht. Mit der Stilllegung der gesamten Qantas-Flotte kappte Australien viele seiner Außenverbindungen. Kaum abzuschätzen, welcher volkswirtschaftliche Schaden dem Land zugefügt worden wäre, hätte der Schlichter anders entschieden.


    Die unglaublich hohen Kosten einer Betriebsstilllegung in dieser Branche, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt, seien "ein sicheres Indiz", dass die Aussperrung für das Qantas-Management die ultima ratio sei. "Fluggesellschaften erhalten sich durch einen raschen Geldkreislauf am Leben, die Passagiere gehen in Vorkasse", sagt Großbongardt. Müssten Tickets im großen Umfang zurückerstattet werden, "schneidet das sofort die Liquidität ab und reißt ein Loch in die Bilanz. Das macht Unternehmen der Luftfahrtbranche besonders angreifbar."


    Der Arbeitskampf bei Qantas hält seit Jahresbeginn an. Der Vorstand will die Fluglinie mit Investitionen in Milliardenhöhe runderneuern. Zugleich droht das Management der Belegschaft unverhohlen mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen in südostasiatische Nachbarländer, um die Lohnkosten zu drücken. Neue Billigflieger sollen Qantas' Marktposition verbessern. Als Reaktion auf diesen Plan ergriffen mehrere Einzelgewerkschaften bislang nicht gekannte Maßnahmen: So gaben Piloten ihre Verhandlungsposition über den Bordfunk bekannt. Und ein hochrangiger Gewerkschafter empfahl den Qantas-Kunden, aufgrund geplanter Streikaktionen bis Weihnachten besser keine Tickets mehr zu kaufen.


    Das Betriebsklima ist vergiftet. Seit es 2008 zu einem Vertrauensbruch zwischen Management und Belegschaft kam, belasten verbittert geführte Arbeitskämpfe das Unternehmen. Alan Joyce sagte am Wochenende, Gewerkschafter hätten gedroht, "uns ein weiteres Jahr lang zu grillen". Die wiederum bezichtigen Joyce der Lüge. Seit der Privatisierung des Unternehmens sei das Management "besessen davon, das Ergebnis zu steigern und Kosten zu reduzieren", beschreibt ein früherer Flugbegleiter die Lage.


    Erkennbare Versuche, den Riss im Unternehmen zu flicken, gab es auf beiden Seiten nicht. Im Gegenteil: Der Graben zwischen Vorstand und Belegschaft vertiefte sich. Die Aussperrung der gesamten Belegschaft vom Wochenende offenbare "ein erhebliches Maß an Spannung", sagt Heinrich Großbongardt. Das Unternehmen Qantas funktioniere nicht mehr. "Um hoch profitabel zu sein, brauche ich qualifizierte Mitarbeiter. Diese komplett auszusperren ist eine kurzfristige Denkweise in extrem kostengetriebenen Branchen wie der Luftfahrt", sagt Großbongardt.


    Viel zu verteilen gibt es schon länger nicht mehr. Während der zum Unternehmen gehörende Billigflieger Jetstar noch satte Gewinne ausweist, ist die Traditionsmarke Qantas auf den Interkontinentalrouten längst nicht mehr profitabel. Von vielen Australiern wurde Qantas aufgrund seines einst umfangreichen Langstreckennetzes als Krake bezeichnet – inzwischen verliert der Krake einen Arm nach dem anderen: Lag Qantas' Marktanteil 1995 noch bei über 40 Prozent, so schrumpfte der Anteil 2011 auf knapp 19 Prozent. Günstigere Wettbewerber aus arabischen Ölförderländern wie beispielsweise Emirates drängten auf die umkämpfte Strecke von Europa nach Australien. Qantas hingegen verspekulierte sich bei den Kerosinpreisen und wartet seit 2008 vergeblich auf die Auslieferung des treibstoffsparenden Dreamliners von Boeing.


    Aufgrund der schlechten Ertragslage gilt die Fluglinie seit Längerem als Übernahmekandidat. Ein Angebot von British Airways vor drei Jahren wurde von der australischen Regierung gestoppt. In der aufgeheizten Stimmung, kurz vor dem sehr wichtigen Weihnachtsgeschäft, hängt die Zukunft des Unternehmens vom geplanten Umbau ab. Für 7,1 Milliarden Euro hat der Vorstand bei Airbus neue Flugzeuge für die Mittelstrecke bestellt. Kann sich Qantas auf den geplanten Verbindungen, etwa nach China, nicht behaupten, droht ein finanzielles Fiasko.


    Vorerst hat die Regierung alle Streikaktionen untersagt. In drei Wochen folgt ein bindender Schlichterspruch. Problematisch aber ist der seit Jahren aufgestaute Frust in der Belegschaft. Die Gewerkschaften fordern Arbeitsplatzgarantien, doch das läuft den Sparplänen des Managements zuwider. Die geforderten Lohnzuwächse von bis zu fünf Prozent liegen oberhalb der Inflationsrate von drei Prozent. Gewerkschafter Joshua Genner von der Transport Workers Union sagt unmissverständlich: "Der Arbeitskampf ist auch nach dem Schlichterspruch nicht vorbei." Früher seien er und seine Kollegen stolz gewesen, für Qantas zu arbeiten. "Heute behandelt uns das Management respektlos."


    Das bekannte Qantas-Motto Spirit of Australia empfindet Joshua Genner infolge der geplanten Verlagerung nach Südostasien als zynisch. Viele Australier teilen diese Meinung. Mit geschicktem Marketing verstand es die australische Tourismusbranche über Jahre hinweg, Qantas-Werbung mit aufregenden Landschaftsbildern zu verquicken. Mit dem geplanten massiven Abbau von Arbeitsplätzen dürfte dieses heile Australienbild künftig kaum noch zu vermitteln sein.


    Quelle: Zeit.de